Obduktionsbericht des Instituts fuer Rechtsmedizin vom 23.10.98

Auszuege:

4. Leichenstarre in der Muskulatur der grossen und kleinen Gelenke ueberall voll ausgebildet. Totenflecke an denen einer senkrechten, aufrechten Position entsprechenden Koerperpartien lagegerecht ausgebildet, von regelrechter Intensitaet, auf maessig kraeftigen Kantendruck vollstaendig wegdrueckbar.

8. Lider spaltbreit offen, unverletzt. Bindehaeute elfenbeinfarben, blass. In den unteren Umschlagsfalten der Bindehaeute beider Augen jeweils eine einzelstehende, flohstichartige Punktblutung. Keine weiteren Verletzungen. Augaepfel prall-elastisch, Hornhaeute leicht getruebt, Pupillen mittelweit, rund, seitengleich. Regenbogenhaeute graubraun.

36. Herz (...) in der Herzhoehle fluessiges, dunkles Blut. (...)

44. Im Magen etwa 400 ml wenig angedauten breiigen Inhaltes, keine sicheren Tablettenreste. Der Mageninhalt überwiegend aus größeren Nudelstücken (Spaghetti) gefüllt. Zwischen den Nudelstücken kleinere bis ganz kleine Salatstücken, kleine streifenförmige längliche Stücken (geriebener Käse?), keine Fleischstücken. Der Mageninhalt riecht teils würzig nach Brühe, teilweise fruchtig-aromatisch. Wandstärke des Magens, regelrecht, Schleimhaut angedaut, graugrün, keine Narben, Geschwüre oder Blutungen. Im Zwölffingerdarm schleimiger dunkelgraubrauner Inhalt. Schleimhaut ohne krankhafte Veränderungen.

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Feingewebliche Untersuchung vom 09.11.98

5. Pankreas (Sudan, HE): Regelrechter Aufbau des Organs. Beginnende Autolysezeichen. Zellkerne ueberwiegend nicht mehr abgrenzbar. Geringgradige Verbreiterung der Bindegewebssepten. Keine wesentliche Lipomatose, keine entzuendlichen Veraenderungen.

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Ergaenzende gerichtsaerztliche Stellungnahme vom 07.04.00

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Die Leiche des Boris F---- wurde am 22.10.1998 am Nachmittag durch G---- S----- in der Gruenanlage der Gutschmidtstrasse in 12359 Berlin aufgefunden (Bl. 7 d.A.). Er habe kurz den Puls versucht zu fuehlen, jedoch nichts feststellen koennen (Bl. 7 d.A.). Daraufhin habe er sich zurueck auf den Weg begeben, wo er auf zwei Kinder traf und ihnen zurief, dass sie die Polizei und die Feuerwehr anrufen sollten. Der Junge, K------ S---- alarmierte daraufhin gegen 16.35 (Bl. 2 d.A.) die Polizei.

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Die Leiche des 26 Jahre alt gewordenen Boris F---- befand sich in einem fuer rechtsmedizinische Untersuchungen "sehr gutem Erhaltungszustand". Wesentliche Vergaengnisveraenderungen oder Faeulniszeichen zeigten sich an der Leiche nicht.

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In den Nasen- und Mundoeffnungen fanden sich zum Teil Fliegeneier. Geschluepfte Fliegenmaden zeigten sich hingegen (noch) nicht. Heimische Fliegenarten gehen typischerweise aufgrund ihres ausgepraegt guten Geruchsinnes sehr schnell an beginnend fauliges Material heran und legen dort ihre Eier ab. Dies wird im Berliner Stadtgebiet praktisch ausnahmslos innerhalb weniger Stunden nach Todeseintritt beobachtet. Das Schluepfen der Maden der heimischen Fliegenarten erfolgt im Durchschnitt nach etwa 24 Stunden.

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Die allgemeinen Leichenveraenderungen, wie wir sie selbst anlaesslich unserer Obduktion am 23.10.98 an der Leiche des Boris F---- feststellen konnten sowie auch die Angaben in der Ermittlungsakte und die Klimadaten weisen daraufhin, dass es sich hier um ein postmortales Intervall (Zeitpunkt zwischen Todeseintritt und Auffinden der Leiche) von rund einem Tag handeln duerfte. Da Todeszeitpunktbestimmungen im laengeren postmortalen Intervall, zumal bei primaer nicht selbst durchgefuehrten Untersuchungen, nur ungenau moeglich sind, haben wir der Kriminalpolizei damals noch einen Sicherheitszuschlag von einem zusaetzlichen Tag genannt, weshalb wir auf eine Todeszeitbestimmung von 1-1 1/2 Tagen, maximal 2 Tagen, kamen. Ein Haengen der Leiche ueber einen wesentlich laengeren Zeitraum, z. B. ueber 3, 4 oder gar 5 Tage kann aus rechtsmedizinischer Sicht praktisch ausgeschlossen werden.

(Unterschrift) (Unterschrift)

(Prof. Dr. V. Schneider) (Dr. med. M. A. Rothschild)

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